Die Uhubande - Projekte
Logo

Schrottplatz und Pizzeria

Hörspielserien über Kinder und Jugendliche, die in ihrer Freizeit Detektiv spielen, sind ja bereits Klassiker geworden. Es ist eigentlich egal, ob die Nachwuchsdetektive ihr Hauptquartier auf einem Schrottplatz oder in einer Pizzeria einrichten, ob sie einen Kriminalkommissar oder bekannten Wissenschaftler in der Verwandtschaft haben und ob sie ein Tier als Mitglied akzeptieren oder nicht.

Die Helden dieser Hörspielwelt erforschen unentwegt Geheimnisse, lösen Rätsel und meistern gefährliche Situationen, mit ihren Erlebnissen kann unser Alltag kaum mithalten. Dazu vermarkten sie ihre Abenteuer auch geschickt und lassen ihre Geschichten regelmäßig auf Kassette und CD erscheinen.

Bleibt die Möglichkeit, sich mit diesen Hörspielklassikern selbst schöpferisch auseinanderzusetzen, wie es in vielen Fanhörspielen gerne mit Parodien gemacht wird. Wegen der Klischees und bestimmter Konventionen sind diese Hörspiele eigentlich auch ohne eigenes Zutun schon witzig, obgleich man das als Kind nicht so wahrnimmt. Nachhelfen macht aber auch Spaß (wenn auch nur den Machern).

Unberechenbarer Hitchcock

Unsere ersten drei Hörspiele widmeten sich dem bekannten Detektivtrio aus Rocky Beach. In der Welt von Justus, Peter und Bob musste man nur etwas überzeichnen, das fing bereits bei Nebenfiguren an: so wurde Alfred Hitchcock rasch zum unberechenbaren Kauz, der nicht allzu viel von dem jungen Detektivtrio hielt und nur als launischer Anrufer in Erscheinung trat. Und Onkel Titus war ein windiger Geschäftsmann, der nebenbei illegal Müll entsorgte und beim Tod anderer Menschen schon mal auf ein Schnäppchen für sein Gebrauchtwarencenter spekulierte.

Bei den drei Hörspielen fanden nicht nur Personal und Handlungsmotive aus der Originalserie Verwendung: wir haben auch sehr gerne mit Original-Samples gearbeitet (besonders mit den Stimmen von Peter Pasetti und Andreas von der Meden). Samples eröffnen viele Möglichkeiten bei der Montage in die eigene Geschichte und im Zusammenspiel mit den eigenen Stimmen haben sie die gewünschte Wirkung entfaltet: endlich konnte man einmal selbst Hitchcock/Peter Pasetti am Telefon antworten ("Hallo?"-"Justus, wie geht's euch?"-"Ah, Mr. Hitchcock...").

Selbst eingesprochen wurde bei uns stets der französische Gentlemanverbrecher Viktor Hugenay, schon deshalb, weil ein nicht ganz überzeugender ausländischer Akzent oder Schwierigkeiten mit der Zweitsprache in einer guten Hörspielserie wünschenswert sind. Hugenay, der berühmte, international gesuchte Kunstdieb ließ es sich jedenfalls nicht nehmen an allen drei Hörspielfolgen teilzunehmen, obwohl nicht immer ganz klar wurde, warum. Zum Dank durfte er dann jedes Mal auf elegante Weise und zum Erstaunen von Justus und Co. entkommen ("Er ist uns schon wieder entwischt!"), wie man es ja bereits von ihm gewohnt ist.

Hilfskraft für die Juniordetektive

Eine Hauptrolle bekam darüber hinaus stets Carlos ("Si, si Senior Jonas..."), den Justus und Co. als willige Hilfskraft und Sündenbock benutzten ("Das ist alles wieder deine Schuld, Carlos") und der eigentlich nie ausreden durfte, obwohl er doch schlauer war als das Detektivtrio. Einen kleinen Gastauftritt erhielt, wenn möglich, auch sein Onkel Ramos.

Justus war natürlich auch bei uns unantastbar als Erster Detektiv: Er hat im Lauf der Hörspiele eine kleine Wandlung vollzogen: Im ersten Hörspiel (in dem es generell noch ernster zuging) kam Justus nämlich dem Original sehr nahe. Er war etwas altklug, dafür aber freundlich und lag mit seinen Schlüssen richtig. Das änderte sich in den nächsten beiden Hörspielen, wo Justus Jonas Junior ein ziemliches Ekel abgab.

Justus Jonas Junior

Auf die Liste der Verdächtigen setzte Justus nun mitunter auch Peter und Bob, die in Nebenrollen als blasse Gehilfen auftraten. Wenig Hilfsreiches, dafür aber viele Befehle und Belehrungen gingen während der Lösung der letzten Fälle auf Justus' Konto. Gelegenheiten, sich aufzuspielen, nutzte er sehr gerne, besonders als im dritten Hörspiel ein schönes Mädchen um Hilfe bat. Das leidige Thema Übergewicht rückte allerdings auch wieder stärker in den Vordergrund.

Ermittlungspannen blieben bei diesem Detektivtrio natürlich nicht aus, das typische ???-Repertoire musste zwar immer funktionieren, versagte aber auch häufig: Den Peilsender vergaß man anzubringen, die berüchtigte Telefonlawine wurde auch schon einmal von den Gegnern der Detektive gegen die Erfinder eingesetzt und auf den Rolls-Royce war auch kein Verlass. Trotzdem wurden alle drei Fälle gelöst, wie kann ich mir allerdings nicht erklären.

Mortons Geheimnis

Da die Hörspiele immer in unserer Schule und Umgebung spielten (Lehrer waren die bevorzugten Bösewichte oder Zielscheiben in Gastauftritten), musste man zudem den Hauptschauplatz von Kalifornien nach Deutschland verlagern, eine passende Brücke war dank der Städtepartnerschaft von Kehl und Rocky Beach schnell geschlagen. Da war es schon schwieriger zu erklären, warum und wie Hauptkommissar Reynolds seine Polizeigewalt ("Hände hoch - Sie sind verhaftet") auch in Deutschland ausüben sollte (dramaturgisch war dies aber äußerst wichtig). Das ???-Flugzeug aus den USA musste übrigens immer auf einem Modellflugplatz in der Nähe von Kehl landen. Wie Morton dort Justus, Peter und Bob pünktlich mit dem Rolls-Royce abholen konnte, blieb sein Geheimnis.

Mit den drei Hörspielen versuchte man natürlich außerdem typische Motive innerhalb der ???-Serie aufzugreifen. So durfte die in diesem Genre beliebte übernatürliche Erscheinung (ob in Gestalt des Schulgeists oder Drachens) nicht fehlen. Am Ende des Falls entpuppte sie sich natürlich als fauler, von den Bösewichten fingierter Zauber, wie im dritten Hörspiel bereits im Titel (...und die Schmugglerbande) angedeutet wurde. Und natürlich musste eine Hörspielfolge die ominöse Sekte als Gegenspieler präsentieren, deren Mitglieder ihre zahlenmäßige Überlegenheit nicht gegen Justus und seine "Partner" ausspielen konnten.

Piratenschatz oder Zirkus?

Dass die drei Hörspiele unter unterschiedlichen Umständen und zu verschiedenen Zeiten entstanden, versteht sich eigentlich von selbst. Das erste beschäftigte uns in der 12. Klasse (bei einem Stufenstammtisch und flackernden Teelichtern kam der Anstoß dafür), als das dritte Hörspiel Gestalt annahm, war die Schulzeit vorbei. Und der Einsatz der Technik über die Hörspiele hinweg ist ohnehin ein Kapitel für sich. Das fängt mit den schlechten Keyboardeffekten an, die besonders in den ersten beiden Hörspielen zum Einsatz kamen.

Wenn wir je wieder ein ???-Hörspiel machen sollten, bleibt auf jeden Fall genügend Stoff für ein weiteres Abenteuer übrig. Manche klassischen Themen haben bisher zu wenig Beachtung gefunden, z.B. der Piratenschatz, Drogenhandel, der Täter als Brandstifter oder die Vergangenheit der Charaktere als Dreh- und Angelpunkt der Folge. Oder vielleicht wäre mal wieder eine klassische Rummel-/Zirkusfolge an der Reihe. Und ich warte auch immer noch darauf, dass die Originalserie endlich das Thema "Halloween" wieder aufgreift, sonst machen wir es. Außer Tante Mathilda würde wieder zur Arbeit rufen.


Projekte
Datenschutz | Impressum